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Sport

Fußball-Splitter: Hoeneß macht den Lahm und Augsburg tadelt kritisches Fernsehen

Der FC Bayern München hätte in Neapel gewinnen können. War ein Laserpointer Schuld, dass es nur zu einem Unentschieden kam? Auch Rauchen war in dieser Woche ein Thema. Es ist in den Fußball-Stadien kein Tabuthema mehr. Der FC Augsburg reagiert indes verschnupft auf kritische Fragen in einem Fernseh-Studio. Das ist exemplarisch für die Fußball-Branche, die lieber (im Millionen-Rausch) pausenlos gefeiert werden möchte. In der Presse-Konzentration gibt es nur noch wenige wirklich freie Informationen und Meinungen. Gibt es eingeschlichene Abhängigkeiten von denen, über die zu wachen und zu schreiben ist? Es herrscht jedenfalls nicht nur Inflation bei den Währungen, sondern auch beim Schönschreib-Journalismus. Auch im Geschäft mit dem Fußball. Es wird Zeit, dass die Journalisten sich wieder darauf besinnen, nur ihren Lesern zu dienen, und nicht den (mehr als komischen) „Medien-Partnerschaften“. Unser Fundstück der Woche ist die "Schuh-Auszieh-Schleuder" gegen einen Schiedsrichter. 

Bundesliga im Europapokal:
Es ehrt Mario Gomez, dass er die Schuld allein auf sich genommen hat. In Neapel im Champions-League-Spiel verschoss er bei Gleichstand einen Elfmeter. Das war ein glatter Zwei-Punkte-Fehlschuss, bei dem Gomez mit einem so genannten Laserpointer geblendet wurde. Der Stürmer vom FC Bayern München sagte, die Störung durch den grünen Strahl sei nicht Schuld gewesen an seinem Malheur. Er zeigte Klugheit, denn verbitterte Worte hätten nichts geändert an dem unbefriedigenden Ergebnis von 1:1. Gomez wäre höchstens von den bekannt fairen italienischen Sportsfreunden verspottet worden. Die Störungen durch Laserpointer sind nicht neu. Die Szene in Neapel hatte allerdings ein anderes Niveau. Während der Ausführung eines Strafstoßes sah man einen derart dreisten Einsatz bislang nicht. Das zeigt, es besteht in dieser Sache dringend Handlungsbedarf seitens des Weltfußball-Verbandes. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein Laserpointer aktiv Einfluss auf ein Ergebnis nehmen wird. Vielleicht hat er das sogar schon am Dienstag.
 
Bundesliga hadert noch mit Rauchverbot und will sich das Geschäft nicht vermiesen:

Rauchen auf dem Sportplatz? Das klingt schon reichlich daneben. Doch das ist immer noch möglich! Hier könnten die Verbände ebenfalls tätig werden, schließlich ist ein Fußball-Stadion kein rechtsfreier Raum, und was ansonsten schon fast überall verboten ist, sollte doch auch bei „König Fußball“ durchsetzbar sein. Ein Anfang ist gemacht: Aus den Stadien bei der Europameisterschaft nächstes Jahr in der Ukraine und in Polen werden die Glimmstengel verbannt. Von der FIFA und der UEFA kommen in der Regel keine guten Nachrichten, doch es gibt scheinbar Ausnahmen. Reine Heuchelei ist hingegen, der Verhandlungsstopp durch DFB-Präsident Theo Zwanziger mit der Bier-Brauerei Bitburger. Zwanziger will prüfen lassen, ob sich Bier-Werbung mit dem vom DFB unterstützten Slogan „Alkoholfrei Sport genießen“ verträgt. Zwanziger hat also 66 Jahre werden müssen, um darauf zu kommen. Es ist aber wohl ohnehin nur ein Täuschungsmanöver. Der Fußball soll sich nicht ganz sorglos geben, wenn es um Gesundheit geht. Das ist alles. Vor der Gesundheit steht immer noch die Einnahme-Seite in den Bilanzen. Ein Alkoholverbot würde die Liga rund 300 Millionen Euro kosten. Geld, auf das man nicht verzichten wird. Gesundheit hin oder her.
 
Fußball auch mit Burnout-Syndromen:
Mit dem Profi Martin Fenin von Energie Cottbus ist erneut ein Fußballer in der Öffentlichkeit, der mit psychischen Problemen zu kämpfen hat. Der Tscheche soll sich sogar in verzweifelter Lage aus dem Hotelzimmer gestürzt haben. Von Burnout und Depressionen wird geschrieben. Die Gewerkschaft der Profi-Fußballer hat das zum Anlass genommen, erneut auf die Besonderheit des Fußball-Geschäftes hinzuweisen. Es gebe immer noch Vereine, die keine Psychologen haben. Doch ist das der richtige Weg, den zum Teil verhätschelten Profis den richtigen Weg zu weisen? Probleme sollten nicht verharmlost werden, und es ist gut, dass sich dieses Fenster endlich geöffnet hat. Das Problem muss angesprochen und bearbeitet werden, doch der Ball sollte dabei flach gehalten werden. Bayern-Präsident Uli Hoeneß sprach vermutlich vielen aus dem Herzen, als er kürzlich sagte: „Wir sollten aufhören, zu glauben, dass diese Problematik ein ganz fußballspezifisches Problem ist. Das ist es absolut nicht. Ich glaube, dass es in den Firmen im Alltag viel mehr Burnout-Syndrome gibt als im Fußball.“
 
Beim FC Bayern München wird (postum Saison)  Klartex geredet und geschrieben:
Für vereinzelt Aufruhr gesorgt hat Philipp Lahms Buch mit Beschreibungen der Arbeit seiner bisherigen Trainer. Louis van Gaal, Jürgen Klinsmann, Felix Magath und Rudi Völler bekamen ihr Fett weg. Lahm prasselte deshalb von allen Seiten Kritik entgegen. „Buuuh“, hallte es aus der Liga. „Nestbeschmutzer“. „Null Charakter“ habe Lahm, meinte Völler, der Lahms Buch „erbärmlich und schäbig“ nannte und sich vor allem über Passagen bezüglich Klinsmann aufregte. „Ich empfinde das als Frechheit ohnegleichen, was er da beispielsweise über seinen ehemaligen Trainer Jürgen Klinsmann geschrieben hat“, sagte Völler, der sogar indirekt Konsequenzen für Lahms Rolle in der Nationalmannschaft forderte. Allgemeine Hauptkritik an Lahm war: Man spreche nicht über Internas des Fußballs. Lahms Buch ist inzwischen ein Bestseller.  In dieser Woche gab es wieder Internas zu lesen. Bayern-Präsident Uli Hoeneß erzählte von seinen Männerfreundschaften mit Louis van Gaal und Jürgen Klinsmann. Van Gaal war „menschlich eine Katastrophe“, doch vor allem Klinsmann hatte vermutlich Spaß beim Lesen des Hoeneß-Interviews. Es habe Mannschaftssitzungen mit Powerpoint-Präsentationen gegeben, „da haben wir für zigtausend Euro Computer gekauft. Da hat er den Profis in epischer Breite gezeigt, wie wir spielen wollen. Wohlgemerkt wollen.“ Hoeneß plauderte weiter über Internas. Der aktuelle Bayern-Trainer Jupp Heynckes dagegen habe „einen Flipchart und fünf Eddingstifte. Da kostet einer 2,50 Euro. Und da malt er auf die Tafel die Aufstellung des Gegners und sagt ein paar Takte dazu. Mit Heynckes gewinnen wir Spiele für 12,50 Euro, und bei Klinsmann haben wir viel Geld ausgegeben und wenig Erfolg gehabt“, sagte Hoeneß. Reaktionen auf die Aussagen gab es diesmal übrigens: keine.
 
FC Augsburg reklamiert wegen  kritsche Journalisten-Fragen:

Unbequeme Fragen sind im Fußball-Geschäft schleichend aus der Mode gekommen. Den Machern sind sie ein Dorn im Auge. Nachfragen ist unerwünscht. Dass die freie Meinung nicht gern gesehen wird, zeigte sich in dieser Woche im Bayerischen Rundfunk. Der Fußball-Manager Andreas Rettig war zu Gast in der Sendung „Blickpunkt Sport“. Der Augsburger hatte sich wahrscheinlich auf eine nette Plauderrunde eingestellt. So wie man die von Katrin Müller-Hohenstein im „Aktuellen Sportstudio“ gewohnt ist. Dort soll es hauptsächlich bunt und lustig zugehen. Erst am letzten Wochenende zeigte das „Moderations-Häschen“ des ZDF in einem peinlichen Auftritt mit dem Hoffenheimer Trainer Holger Stanislawski, wie wenig sie an Journalismus interessiert ist. Vorbei die Zeiten eines Hajo Friedrichs, Karl Senne oder Bernd Heller, der sich gern kritisch und ausführlich dem Thema Doping gewidmet hat. Da Rettig beim BR am Montag vermutlich mit einem ähnlich netten Plausch wie im heutigen ZDF-Sportstudio gerechnet hat, reagierte er verschnupft auf die kritischen Berichte über den FC Augsburg. Besonders die immer wieder kehrenden Fragen nach dem suspendierten Michael Thurk gerieten zum Streitpunkt. Rettig reagierte etwas angesäuert, doch erst der Augsburger Aufsichtsratsvorsitzende Peter Bircks machte eine kleine bayerische Staatsaffäre draus. Er schrieb der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalt einen Brief, in dem er unter anderem die Nachfragen zum Thema Michael Thurk kritisierte. „Warum dann drei Mal in der Gesprächsrunde diese Entscheidung thematisiert wurde, habe nicht nur ich nicht verstanden“, schrieb Bircks. Er sprach von einer „tendenziell negativen Berichterstattung“ und warf dem BR indirekt vor, sich an Augsburger Niederlagen zu erfreuen: „Es mag für Sie polemisch klingen aber irgendwie kann ich mich des Eindruckes nicht erwehren, dass unser Sieg in Mainz den „Machern" Ihrer Sendung so gar nicht in den Kram passte. Hätte man nach einer erneuten Niederlage doch noch viel schöner auf die „bundesligauntauglichen" Augsburger einschlagen können. Ich hoffe sehr, dass mein Gefühl hier trügt.“ Die Fernseh-Macher wiesen die Vorwürfe zurück. Sie antworteten ausführlich. Man habe dem FCA nicht nur aufgrund des Sieges mehr Sendezeit eingeräumt, „als etwa dem FC Bayern oder dem 1. FC Nürnberg. Das kann und darf uns aber nicht daran hindern, in einer Magazin-Sendung auch kritische Fragen zu stellen.“ Programm-Bereichsleiter Werner Rabe schrieb außerdem: „Ich darf im Namen der Redaktionsleitung und aller unserer Kolleginnen und Kollegen mit allem Nachdruck versichern, dass wir niemals interessengesteuert das Ziel verfolgen, einen Verein in schlechtes Licht zu rücken.“ Die Kritik war vielleicht etwas zu geballt ausgefallen. Einen 1. Bundesliga-Sieg darf man feiern. Dennoch ist die Vorgehensweise exemplarisch für die Branche. Niemand gibt es zu. Doch soll etwa kritischer Journalismus nicht verbannt werden? Die meisten Journalisten spuren schon. Sie geben sich nur noch brav und angepasst. Vom Bayerischen Rundfunk würde man sich allerdings wünschen, sich zukünftig nicht nur die „Kleinen“ vorzuknöpfen, sondern Mut zu beweisen, indem man auch mit größeren Vereinen kritisch umgeht.
 
Fundstück der Woche: 
Die "Schuh-Auszieh-Schleuder"  gegen einen Schiedsrichter.
Wer einen Schuh nach einem US-Präsidenten wirft, kommt ins Gefängnis. Wer einen Schuh mit dem Fuß in Richtung eines Linienrichters resp. Schiedsrichter-Assistenten kickt, für den kommt es weniger dick. Der Spieler Yoah Ziv von Tel Aviv wird vermutlich mit ein paar Spielen Sperre davon kommen. Das Ding mit dem Schuh sehen Sie hier:

www.youtube.com/watch

Autor: Peter Müller
 

  (Regionalia Deutschland, Artikel-Nr. 5573 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 22.10.2011 10:32.

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