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Sport

Fussball-Splitter: Ein Skandal vor aller Augen und für ein „lahmen“ Präsidenten gibt keiner einen Zwanziger?

Einen handfesten Skandal hat der europäische Fußball in dieser Woche erlebt. Doch die Verbände und Fußball-Behörden wiegeln ab. Ihr höchstes Gut darf nicht beschädigt werden. Die Schiedsrichter-Gilde will derweil mehr finanzielle Sicherheit. Dabei werden die "Herren der Pfeife" bereits fürstlich entlohnt. Der kürzlich noch als „Pleite-Klub“ die Schlagzeilen beherrschende FC Schalke 04 ist schon wieder fast der alte, denn Geldsorgen scheinen die „Königsblauen“ auf wundersame Art nicht mehr zu haben, und beim DFB läuft hinter vorgehaltener Hand eine Diskussion um den Rücktritts-Zeitpunkt des scheidenden Präsidenten Theo Zwanziger. 

Deutscher Fußball-Bund: Kein Zwanziger mehr für Theo Zwanziger? Wie berichtet hat der Präsident des DFB Theo Zwanziger angekündigt, seinen Hut zu nehmen. Für Befremden haben sein Handeln und seine Aussagen erneut gesorgt, denn Zwanziger tat im Zusammenhang mit seinem vorzeitig angekündigten und völlig überraschenden Rücktritt so, als sei alles in bester Ordnung. Als habe es keine Amerell-Kempter-Schlamm-Schlacht gegeben. Als habe sich keine öffentliche Auseinandersetzung mit Vize Koch und weiteres mehr in der Verantwortung Zwanzigers ereignet. Auch die etwas verunglückte Suche nach einem Nachfolger hat unterstrichen, dass Zwanziger eher einen Ego-Trip verfolgt, als eine Zusammenarbeit auf breiter Ebene favorisiert, was eine gemeinsam ausgelotete Nachfolge-Regelung gewesen wäre. In seriösen Kreisen wird erst der Nachfolger „save“ gemacht, bevor es anschließend noch eine öffentliche Diskussion mit zahlreichen Absagen von Kandidaten geben kann und Amt und Verband beschädigt werden. Intern regt sich nun nach unseren Recherchen bereits Widerstand gegen den Zeitpunkt des Rücktritt Zwanzigers. Stichwort: „lame duck“. Da im kommenden Jahr die Fußball-Europameisterschaft stattfindet, soll Zwanziger bereits im Frühjahr abtreten und Platz für den seriösen „Arbeiter“ und „Basis-Mann“ Wolfgang Niersbach machen, so besprechen es derzeit mächtige Funktionäre des deutschen Fußballs. Der Rückhalt für Zwanziger ist stark geschrumpft in den letzten Monaten. Seine Mitstreiter sind rar geworden. Auch Niersbach soll „not amused“ sein über die Weigerung Zwanzigers früher Platz zu machen, wenn der Präsident denn schon freiwillig und scheinbar überstürzt abtreten will. Zwanziger will auf seine letzten Tage als oberster Verbands-Fürst offenbar noch etwas vom Glanz eines deutschen Europameisters abbekommen. Eine andere Erklärung für sein Beharren auf dem Rücktritts-Zeitpunkt Oktober 2012 gibt es derzeit kaum. Dabei braucht der DFB keine Funktionäre, die von Eitelkeit beherrscht werden, wie der ehemalige Schiedsrichter-Boss Manfred Amerell es ausdrückt, sondern einen Mann mit Weitsicht und Persönlichkeit, und keinen, der nur Beerdigungsreden hält.
 
FC Schalke 04 und das große Fußall-Geld: Es ist noch gar nicht lange her, da diskutierte Fußball-Deutschland über den „Pleite-Klub“ Schalke 04. Die stolzen „Königsblauen“ schwebten in akuter Finanznot. Die Lage war dramatisch, obwohl sie vom Verein in der Öffentlichkeit verharmlost wurde. Frisches Kapital von bis zu 25 Millionen Euro werde benötigt, hieß es, sonst droht dem Revier-Club sogar die Insolvenz. Das ist gerade mal 2 Jahre her. Doch rund um das Theater um Felix Magath hat die Öffentlichkeit das Thema dann schleichend vergessen. Auch die Presse. Alles Schnee von gestern. Ist ja auch unangenehm in der so schillernden und sich gerne selbst beweihräuchernden Fußball-Branche in der Öffentlichkeit über finanzielle Probleme Rede und Antwort stehen zu müssen. Das „Premium-Produkt“ Fußball-Bundesliga gehört positiv beworben. Da passen keine Zahlungsprobleme rein. Geldprobleme versauen die Stimmung. Inzwischen ist das Thema „Geld und Schalke“ auch wieder komplett aus dem Bewusstsein verschwunden. Schwupps. Fast ins Gegenteil hat man es verkehrt. Dabei ist der Club gemessen am Einsatz für seine Profis (Raúl, Farfan, Höwedes, Jurado...) nur durchschnittlich erfolgreich. Eine gute Runde Champions-League und der Neuer-Verkauf hat sicherlich die Kasse entspannt, doch die hohen laufenden Kosten sind ja nicht viel weniger geworden als in der Zeit vor 2 Jahren, als Schalke auf der Kippe stand. Und die Europa-Liga, in der man momentan spielt, ist ein „Draufleg-Geschäft“. Das ist bekannt in der Branche. Doch Schalke ist Schalke, was kümmern die Zahlen oder Aussichten. No risk, no fun? Man leistet sich Super-Star Raúl, der einen der besten Profi-Spieler-Verträge der gesamten Bundesliga hat. Und jetzt greifen die Schalker auch noch nach Lukas Podolski. Frei nach dem Motto „Was kostet die Welt?“ 25 Millionen sollen für das „Podolski-Paket“ anfallen. Eine Summe, die nur ein Club berappen kann, der regelmäßiger Champions-League-Teilnehmer ist oder einen Mäzen hat. Während Groß-Clubs wie Arsenal London aus finanzieller Vernunft offenbar schon zurückziehen, wollen die Schalker unter Clemens Tönnies wieder kräftig einkaufen und Podolski holen. Und in ein paar Jahren, wenn Gläubiger auf die Bremse treten und Fans und Steuerzahler einspringen sollen, will es wieder niemand gewusst haben...
 
Verarmte Schiedsrichter: Den Schiedsrichtern, die einen zu großen Druck der Öffentlichkeit beklagen, wird dieser Tage großes Mitgefühl zuteil. Auffällig oft werden jetzt die Fehler von den Reportern mit allergrößtem Verständnis kommentiert. „Kann mal passieren. Konnte der Schiedsrichter nicht sehen.“ Jetzt wird von den Referees selbst sogar gefordert, dass sie im Internet vor negativen Kommentaren geschützt werden sollten. Ist das ein Problem, das nur die Schiedsrichter haben? Und wenn man schon einmal dabei ist: Der renommierte deutsche Referee Wolfgang Stark hat nun auch gefordert, dass er und sein Berufsstand monatliche Gehälter bekommen sollten, denn eine gewisse Absicherung sei notwendig. Gewisse Absicherung? Darf man fragen, in welcher Welt Herr Stark lebt? Er und seine Kollegen zählen schon lange Zeit zu einer fürstlich entlohnten Riege hierzulande. Für einen einzigen Einsatz in der Bundesliga erhält ein Referee 3600 Euro Honorar. Plus gutem Essen in der VIP-Lounge, Spesen, Reisekosten... Ein Assistent bekommt 1800 Euro. In der 2. Liga sind es 1800 Euro bzw. 900 Euro. Die Schiedsrichter haben pro Jahr dutzendweise Einsätze mit entsprechenden Vergütungen. Bei internationalen Einsätzen gibt es noch mehr Geld. Die Schiedsrichter haben somit faktisch zum Teil Einkünfte im sechsstelligen Bereich. Doch manche bekommen den Hals eben nie voll. Das Prinzip ist einfach und derzeit ja aktuell. Auch im Fußball soll eine noch stärkere Umverteilung als bislang von unten nach oben stattfinden. Wenn es Herrn Stark um die gerechte Bezahlung für seine Gilde ginge, würde er sich vor allem für die Kollegen in den unteren Ligen einsetzen. Zum Vergleich: In der Oberliga erhält ein Schiedsrichter 50 Euro, sein Assistent 25 Euro. Und um die Fahrkosten müssen sie sich mit dem Verband oft noch in einem Papierkrieg streiten.
 
Fußball-Betrug? Ein Skandal ohnesgleichen hat die Fußball-Welt vor aller Augen in dieser Woche erlebt. Doch gibt es Konsequenzen? Wahrscheinlich nicht. Die Fußball-Familie hält zusammen.
Zur Halbzeit stand es beim Spiel in der Champions-League Zagreb gegen Lyon 1:1. Doch um sich für die nächste Runde zu qualifizieren, benötigte Lyon einen großen Sieg. Die Franzosen mussten 6 Tore aufholen gegen Ajax Amsterdam, das zeitgleich gegen Madrid spielte. Was passierte? Glasklar. Lyon erzielte in der zweiten Halbzeit exakt 6 Tore und konnte sich so für das Achtelfinale der millionenschweren Veranstaltung qualifizieren. Damit alles sicher ging, wurden im anderen Spiel ebenfalls die Weichen gestellt? Amsterdam wurden gegen Madrid 2 (!!!) klare Treffer verweigert. Zufall? Fernseh-Bilder zeigen, dass ein Zagreber Spieler einem Torschützen der Franzosen nachdem der Ball im Netz gelandet ist zuzwinkert und den Daumen hoch hält. Auch Zufall? Der Zagreb-Profi hätte sich doch eher schämen müssen, denn da stand es schon 1:6. Im eigenen Stadion. Doch die Verbände beruhigen die Öffentlichkeit. Es hat keine auffälligen Bewegungen auf dem „Wett-Markt“ gegeben, wurde mitgeteilt. Dabei scheint das in diesem Fall gar nicht relevant? Ist das nicht nur ein Ablenkungs-Manöver für die Öffentlichkeit? Denn in diesem Fall ging es doch, wenn die Vermutungen richtig sind, offensichtlich um den sportlichen Erfolg einer Mannschaft und nicht um Gewinne kroatischer „Wett-Paten“. Doch 2 Tage nach den skandalösen Vorfällen ist das Thema schon wieder fast aus der öffentlichen Diskussion verschwunden. Perfekte Inszenierung. Setzt der er Fußball alle Hebel in Bewegung, dass sein Geschäft nicht in Verruf gerät? Als vor Jahren die Doping-Affäre um den spanischen „Wunderheiler“ Fuentes aufgedeckt wurde, sollen laut schriftlichen Belegen auch Kunden des „Doktors für schnelle Beine“ von Real Madrid und Barcelona enttarnt worden sein. Doch während Leichtathleten und Radsportler wie Jan Ullrich im Zuge der Affäre später ihre Karriere beenden mussten, hat man von gedopten Fußballern nie wieder etwas gehört.

Autor: Peter Müller

  (Regionalia Deutschland, Artikel-Nr. 5776 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 09.12.2011 19:32.

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