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Sonntag, 22. Dezember 2024
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Deutschlands Gastro-Methusalem hält feinste Ess- und Tisch-Kultur: Roland Burtsche macht in seinem Colombi-Hotel nicht jede Zeitgeist-Masche mit.

Das sind die Methusalems allerfeinster Küchenkunst in Deutschland: Roland Burtsche und Alfred Klinik (Bild: Regionalia)

Tägliche „Frische-Vielfalt“, statt wochenlange Monotonie mit gleichen Raster-Menüs? Werner Semmler sagt: Kreative und fleißige Köche zeigen Frische und Vielfalt und kochen für ihre Gäste jeden Tag etwas anderes, bequeme Köche halten wochenlang (oder gar monatelang) das gleiche Raster-Menü auf ihren Speisekarten. Das sei bequem und lukrativ, weil nicht verschiedene, vielfältige Wünsche der Kunden befriedigt werden, sondern ein schablonenhaftes Menü sagt: "Friss oder geh". Raster-Menüs seinen das neue „Vater-Unser“ vieler heutiger Küchenchefs. Roland Burtsche und Alfred Klink gelten als die „Methusalems“ unter Deutschlands Gastronomen und Spitzenköchen. Sie sind noch von der „alten, guten Lehrschule“ und überzeugen mit Expertise, Erfahrung und meisterhaftem Können. Burtsche besteht noch immer darauf, dass für jeden neuen Gast feine, frische Tischdecken aufgelegt werden und täglich vier verschiedene, frische Menüs zum Mittagessen gekocht werden. Zum 31.12.2024 verlässt Henrik Weiser das Colombi und Sven Usinger wird alleiniger Küchenchef. Usinger ist ein begnadeter Koch und könnte das Colombi wieder zu neuen Höhe führen, wenn Roland Burtsche und seine Tochter, die Juristin Dr. Kerstin Moser, ihn nicht dem Sparzwang unterwerfen und ihn kreativ machen lassen. Werner Semmler bewertet in seinem Artikel das Colombi, kritisiert Michelin und den Verlust von Niveau und Tisch-Kultur in Deutschlands Gastronomie. Semmler sagt, das Sterne-Urteil von Michelin sei nicht „Ex cathedra“ unfehlbar, wie ein Dogma des Papstes, sondern ein höchst fehlbares Privat-Urteil eines privaten Reifen-Fabrikanten, der mit Stern-Vergaben Image zieht. Weltberühmte Köche bräuchten keine Sterne, sie überzeugten mit ihrem Können und mit ihren schmackhaften Taten. 

Colombi-Bewertung von Restaurant-Kritiker Werner Semmler

In vielen deutschen Restaurants hält die fade Raster-System-Gastronomie Einzug. Den Kunden werden überwiegend nur noch bequeme „Raster-Menüs“ angeboten. Diese stehen zum Teil wochenlang (in gleicher Formation) auf den Speisekarten. Die im Menü angebotenen Speisegänge sind beim Küchenpersonal einstudiert, die Materialien für viele Wochen eingekauft, Soßen und Gewürze konserviert und das „Menü-Theater“ kann wochenlang in gleicher Form schablonenhaft abgespielt werden. Wegen der Fixierung auf den Menü-Plan können aktuelle Lebensmittelangebote nicht eingebaut werden. Wenn es zum Beispiel nicht genügend frische Steinpilze oder fangfrischen Hummer gibt können solche Delikatessen nicht in wochenlang ausgegebene Raster-Menüs eingebaut werden. Die Köche nehmen Produkte, deren Verfügbarkeit für die gesamte Dauer gesichert ist. Deswegen werden gerne jederzeit verfügbarer, billiger Lachs, konserviere Terrinen und gezüchteter Zander angeboten, aber keine seltenen Edelfische wie Steinbutt, Seezunge, Rochenflügel, Sankt-Peter-Fisch, Krustentiere, Hummer oder ähnlich Anspruchsvolles. Das einstudierte Raster-Menü kann auch von billigen Hilfsköchen nachgekocht werden; der Küchenchef spielt überwiegend nur noch „Menü-Dirigent“. Die Oberkellner haben die Inhalte und die Zutaten der Menüs nach vielfacher Anwendung schon auswendig gelernt und können sie mit „melodischer Pronation“ vor jedem anspruchsvollen Gast „herunterbeten“. Im Donaueschinger Zwei-Sterne Restaurant „Ösch Noir“ kamen sie auf die praktische Idee, die Menüs und ihre Zutaten auf kleine Karten zu drucken, die dem Gast neben dem jeweiligen Teller auf einen Kartenhalter gesteckt werden, damit auch der größte "Speisen-Banause“ geistig verinnerlichen kann, was er gerade für sein Geld isst, falls er es mit seinem Auge nicht selbst erkennt und mit seinem Gaumen auch nicht selbst schmeckt. Viele, angeblich „piekfeinen Restaurants“ verzichten inzwischen sogar (trotz hoher Menüpreise) auf anspruchsvolle, feineTischdecken, um Wäschekosten zu sparen. Sie wischen die hinterlassenen Schweißspuren der Gäste einfach mit Putzlappen und Spüli ab, bevor die nächsten Gäste ihre Hände erneut auf dem Tisch auflegen. Manchmal, wenn die Tische schnell wieder belegt werden, erlebt man, dass die nassen „Spüli-Spuren“ noch gar nicht getrocknet sind.

Willfährige Restaurant-Kritiker machen das alles mit und vergeben dennoch Sterne, statt diesem Niveau-Verlust an Tisch- und Essenskur durch klare Kritik zu sanktionieren. Glaubwürdige Restaurant-Kritik darf sich nicht bestechen lassen und jeden „Wirte-Furz“ mitmachen, weil dieser ihm weniger Arbeit und mehr Gewinn bringt. Restaurant-Kritik muss das Niveau eines Restaurants heben und darf den Anspruch nicht herabsenken auf das lukrativ Best-Business-Niveau des Wirts.

Ich bin seit 1971 Restaurant-Kritiker und habe sicher viel mehr verschiedene Restaurants auf der ganzen Welt getestet und bewertet, als viele andere noch lebende Kritiker. Mit meiner Erfahrung kann ich sagen, das viele von Michelin vergebenen Sterne von mir nicht vergeben würden und dass viele großartigen Köche in Europa von mir „Küchen-Sterne“ erhalten würden, obwohl sie von Ralf Flintenflügel und seiner Michelin-Entourage nicht ausgezeichnet wurden. Flintenflügel mag zwar glaubhaft machen wollen, er verkünde mit seiner „Sternen-Willkür“ den „Heiligen Gral“ beim Fest- und Abendmahl in deutschen Restaurants. Doch man muss bedenken, dass Michelin ein auf eigenes Image gerichtetes, privates Reifen-Unternehmen und kein offizielles Olympisches Komitee mit vereidigten, unabhängigen Preisrichtern ist. Allein der finanzielle Etat und die Personal-Ausstattung von Flintenflügels „Michelin-Organisation“ in Deutschland muss nachdenklich stimmen. Damit ist eine mehrfachen jährliche Testung aller rund 145.000 Gaststätten in Deutschland unmöglich. Wo also der Wille von Ralf Flintenflügel zur Kür seiner bevorzugten Restaurants ist, kann auch Willkür der Tester sein, denn Willkür kennt oft nur den Eigenwillen. Es ist dringend erforderlich, Flintenflügels Sterne-Vergaben und seinen Test-Etat genau zu hinterfragen. Ich bewerte kein Restaurant, wenn ich es nicht mindestens fünf Mal im Bewertungszeitraum selbst getestet habe. Dem Restaurant des Freiburger Colombi-Hotels kann ich nach einigen hundert Besuchen nur ein vorzügliches Lob aussprechen. Roland Burtsche ist mit 85 Jahren der „Methusalem“ unter den Spitzen-Gastronomen des Landes. Roland Burtsche und sein Jahrhundert-Koch Alfred Klink sind die Ur-Väter allerfeinster deutscher Küchenkunst in den letzten 50 Jahren. Roland Bursche und Alfred Klink haben über Jahrzehnte allerhöchste Qualitätsansprüche befriedigt und die Kochkunst auf das höchste Niveau geführt. Sie waren wahre Könner und Vorbilder für neue Generationen. Die Koch-Kunst von Burtsche & Klink sollte in einem objektiven Verfahren mit einer olympischen Goldmedaille gewürdigt werden, statt mit fragwürdigen, privaten Michelin-Sternen, ohne objektives, neutrales Prüfungsverfahren. Noch heute, im hohen Alter, verteidigt Roland Burtsche anspruchsvolle Tisch-Kultur mit feinen Tischdecken und mit täglich wechselnden Menüs. Mein Geheimtipp: Mittagessen im Colombi. Zum Mittag bietet das Colombi vier täglich wechselnde, frisch gekochte Drei-Gang-Menüs für unter 50 Euro pro Menü an. Für Kenner, die Qualität, Frische und Atmosphäre dem lauten und hektischen Betrieb in der Massenabfertigung der Raster-Gastronomie vorziehen, ist das Colombi-Hotel nach wie vor ein Geheimtipp. Ich war gestern erneut zum Mittagessen und habe selbst erlebt, wie Deutschlands Methusalem unter den besten Gastronomen den frischen Braten vor mir, gekonnt und stilsicher, selbst tranchiert und serviert hat. Weil Burtsche in seinem Colombi seine Tageskarte mit den vier verschiedenen Menüs täglich wechseln lässt, kann er sessionale und regionale Vielfalt und Frische bieten. Gerne mache ich in Baden auch den sogenannten „Spätzle-Test“ und prüfe ob ein Restaurant das badisch-schwäbisch Leibgericht eigenhändig und frisch selbst produziert oder Industrie-Spätzle, sogenannte „Päckle-Spätzle“ aus der Tüte verwendet. Im Colombi konnte ich mich überzeugen, dass Küchenchef Sven Usinger die Colombi-Spätzle über dem Kochtopf selbst schaben lässt (siehe Foto). Sven Usinger ist auch ein begnadeter Fischkoch. Usinger zählt (wie auch Axel Frey von der Rebstock-Stube in Denzlingen) ohne jeden Zweifel zu den besten Köchen Badens. Sven Usinger kann Koch-Kunst wie ein Grand Maître de la cuisine raffinée. Zum 31.12.2024 verlässt Henrik Weiser das Colombi und Sven Usinger wird alleiniger Küchenchef. Hoffentlich lässt Roland Burtsche ihm freie Hand zu neuen Glanzleistungen.

Autor:  Werner Semmler Chefredakteur (Regionalia Deutschland, Artikel-Nr. 18084 ISSN 2698-6949)

Angelegt am 11.12.2024 09:52.

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Das Colombi wechselt täglich seine Speisekarte mit 4 verschiedenen Menüs. (Bild: Regionalia)  

(Bild: Regionalia)  

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Gastlichkeit: Mit 85 Jahren tanchiert Roland Burtsche den Braten mit seinem Direktor MIchael Sänger selbst und serviert höchstpersönlic seinem Gast. (Bild: Regionalia)  

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(Bild: Regionalia)  

Im Colombi-Hotel kommendie die begehrten Spätzle nicht in der Tüte, aus der Fabrik, sie werden selbst geschabt, wie hier von Küchenmchef Sven Usinger. (Bild: Regionalia)  
 
 

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