Kollusives Zusammenwirken zur Meinungs-Manipulation?
Wenn marktbeherrschende Medien in Stuttgart einigen zunächst größere Medienpräsenz gewähren und mit einer höchst fragwürdigen Meinungsumfrage die „BIG5“ zunächst „machen“, um anschließend den offensichtlichen oder versteckten „Partei-Kandidaten“ eine Alleinsendung zu gewähren, stellt sich (bei Ausschluss der Einzelbewerber) die Frage, ob ein kollusives Zusammenwirken zur Meinungs-Manipulation vorliegt. Wurde die „Gemeinschaftsveranstaltung“ von SWR, Stuttgarter Zeitung, Stuttgarter Nachrichten, Volkshochschule Stuttgart und der Landeszentrale für politische Bildung gemeinsam geplant, um sich der Gleichbehandlungspflicht durch die Körperschaften des öffentlichen Rechts zu entledigen? Nach der Recherche unserer Zeitung hat die Volkshochschule Stuttgart für die Podiumsdiskussion die Porsche Arena bei der „In Stuttgart Veranstaltungsgesellschaft mbH“ bestellt. Die Sendung soll im Live-Stream über YouTube zur Verfügung gestellt werden. In diesem Fall würde es sich also gar nicht um eine klassische Rundfunksendung handeln, für die der SWR die Rundfunkfreiheit des Artikel 5 des Grundgesetzes in Anspruch nehmen könnte. Ein Live-Stream auf YouTube ist nach dem Telemediengesetz ein Telemedium. Moderiert wird die Veranstaltung von Jan Sellner, Lokalchef der Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten und von Nicole Köster von der SWR1- Sendung „Leute“. Die Unternehmenssprecherin des SWR, Hannah Basten, hat in ihrem Schreiben vom 22.10.2020 an den Kandidaten Marco Völker, unter Hinweis auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16.10.1996 (Az. 10 S 2866/96), darauf bestanden, der SWR müsse die Einzelbewerbern, nach dem Prinzip der „abgestuften Leistungsgewährung“, auch in eine abgestufte Chancengleichheit verweisen. Bei der Abwägung hat der SWR nicht bedacht, dass das Parteiengesetz für die Einzelbewerber einer reinen Persönlichkeitswahl gar nicht gilt, sie sind keine Parteien und dürfen es als Oberbürgermeister auch nicht sein. Zur Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Diskriminierung hat der SWR auch keine objektive und sachgerechte Abwägung vorgenommen. Denn auch bei 14 Bewerbungen für das Amt des Oberbürgermeisters in Stuttgart könnte eine Gleichbehandlung erfolgen, wenn die Vorstellung der Kandidaten in zwei oder drei Sendungen aufgeteilt würde. Per Los könnte dann (wie bei der Reihenfolge der Listung auf dem Wahlzettel) entschieden werden, welche Bewerber sich in welcher Sendung vorstellen. Denn, anders als bei der Bundestagswahl, bei der es darum geht, welche der großen Parteien den Kanzler stellen wird, geht es bei der Bürgermeisterwahl nicht um ein Duell der Kandidaten, sondern um ihre neutrale Vorstellung und um die freie Meinungsbildung durch ihre Äußerungen. Sämtliche Kandidaten*innen standen noch nie zusammen in einer Wahl und es gab zwischen ihnen noch kein objektives „Kräftemessen als OB-Kandidaten“ durch die Wählerinnen und Wähler. Deswegen steht die Bevorzugung der sogenannten „BIG5“ im Verdacht der Manipulation der Wähler. Es besteht der Verdacht, der SWR könnte sich mit den übrigen Veranstaltern zusammengetan haben, um durch die Vermischung von privaten und öffentlich-rechtlichen Veranstaltern eine Anfechtung ihrer Veranstaltung zu erschweren. Unsere Zeitung hat deswegen die Veranstalter gefragt, wer die Kosten dieser sonderbaren Veranstaltung übernimmt und in welchem Verhältnis sie aufgeteilt werden. Es stellt sich auch die Frage, ob der SWR, die Volkshochschule Stuttgart und die Landeszentrale für politische Bildung sich von der Stuttgarter Zeitung vor den Karren spannen ließ, um Jean Sellner und seiner Zeitung (auf wessen Kosten?) Image zu besorgen.
Auslosung der Stimmzettel-Reihenfolge: Heiße Döschen oder sauberer Blindgriff?
Bei jeder Wahl zum Bürgermeister oder Oberbürgermeister gibt es einen Wettlauf um den ersten und zweiten Platz auf dem Stimmzettel. Denn besonders dann, wenn sich sehr viele Personen bewerben, wird es als Vorteil angesehen, nicht auf den letzten, sondern auf den vorderen Plätzen der Wahlzettel zu erscheinen. Das hat auch erhebliche Auswirkungen auf die späteren Vorstellungen. Deswegen kommt es beim Beginn der Bewerbungsfrist stets zu einem Run auf die Briefkästen und Posteingangsstellen der Rathäuser. Gehen zur gleichen Zeit mehrere Bewerbungen ein, gibt es nach dem Kommunalwahlrecht eine öffentliche Auslosung. Diese fand auch in Stuttgart statt. In einer großen Geste vor laufenden Kameras und Fotografen hat Ordnungsbürgermeister Dr. Martin Schairer (CDU) am 13.10.2010 den fairen und gerechten "Magier" gespielt. Der Bürgermeister verließ den Raum, während seine Mitarbeiter die Namen der acht auszulosenden Kandidaten einzeln in kleine Plastik-Döschen steckten. Diese wurden sodann in eine durchsichtige Urne aus Glas befördert. Sodann trat Bürgermeister Dr. Schairer wieder in den Raum und spielte "Wahl-Lotte-Fee". Er griff sich das erste Döschen und zauberte Marian Schreier heraus. Dieser kam somit auf den ersten Platz auf dem Stimmzettel und erhielt in der Stuttgarter Zeitung sofort einen Artikel als Kandidat Nummer 1. Mit dem zweiten "Döschen-Griff" machte CDU-Mitglied Dr. Martin Schairer seinen Parteifreund Dr. Frank Nopper zur Nummer zwei auf den Stimmzetteln. Die Stadt Stuttgart missachtet dabei dilettantisch die Grundregeln einer seriösen Auslosung. Eine Auslosung ist nur dann frei vom Verdacht der möglichen Manipulation, wenn die Lotto-Fee die Zahl, die sie zieht, nicht bei ihrem Griff mit dem Auge erkennen kann. In einer fairen Auslosung, die über jeden Manipulationsverdacht erhaben ist, greifen die "Zieher" mit verbundenen Augen mit ihrer Hand in die Los-Trommel oder in den Hut. Oder sie ziehen aus einem verdunkelten Gefäß, das ihre Augen nicht einsehen können. Bei der Ziehung am Dienstag, den 13.10 2020, konnte Bürgermeister Dr. Schairer mit seinen Augen die Plastik-Döschen sehen, die er ergriff. Dem Verdacht, auf bestimmten Döschen „könnten“ sich Zeichen befunden haben, die dem Zieher auch als Erkennungszeichen gedient haben könnten, lässt sich nicht zweifelsfrei widerlegen. Rein theoretisch ist es bei einer auf diese Art durchgeführten Auslosunge möglich, bestimmte Döschen auf die rechte oder auf linke Seite des Behälters zu platzieren, um sie gezielt zu ziehen. Die Filmaufnahmen zeigen, wie Dr. Schairer beim Griff in den Behälter die Döschen nicht mischt, sondern scheinbar gezielt zugreift. Die Durchführung einer Auslosung in dieser Form erscheint dilettantisch und ihr fehlt der Anschein des Ausschlusses möglicher Manipulation, obwohl der Bürgermeister dieses vermutlich weder beabsichtigte noch tatsächlich vollzog. Es ist bedenklich, wenn die Stadt Stuttgart für eine so eminent wichtige Auslosung keine Lostrommel oder ein Behälter mit Deckel bereit stellt, in welcher der Loszieher nur mit der Hand greifen, sein Ziehobjekt aber nicht mit seinen Augen sehen kann. Bei einem kollusiven Zusammenwirken der beteiligten Personen ist die Manipulationen der Auslosung so theoretisch möglich. Die Manipulation von Auslosungen sind in der Geschichte kein Phantom, sondern bittere Wirklichkeit. Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter hat schon über die fühlbaren "Warmen Kugeln" und die vielfachen Manipulationsmöglichkeiten bei wichtigen Auslosungen berichtet. Bei 14 Bewerber*innen ist der 1. und 2. Platz auf dem Wahlzettel fast ein kleiner "Lottogewinn". Noch am Abend stellte bestimmte Medien den Anführer des Wahlzettels bereits besonders heraus. Viele Wählerinnen und Wähler lesen keine 14 Namen und wählen die Ersten.
Kandidatenvorstellung der Stadt Stuttgart: Nachträgliche Video-Konserve statt Live-Stream.
Bei der offiziellen Kandidatenvorstellung der Stadt Stuttgart, vor nur rund 250 Zuschauern in der Stuttgarter Martin-Schleyer-Halle, kam es wesentlich darauf an, den Wählerinnen und Wählern eine elektronische Teilnahme zu ermöglichen, damit sie sich ein Bild von den Kandidaten*innen machen zu konnten. Das geeignete elektronische Mittel dazu ist heute der sogenannte Live-Stream. In ihm kann, annähernd in Echtzeit, das reale Geschehen am Übertragungsort abgebildet werden. Das Wahlamt der Landeshauptstadt behauptete, eine Live-Übertragung deshalb nicht gewählt zu werden, weil bei einer Unterbrechung des Live-Stream eine Benachteiligung von Bewerbern*innen und eine Wahlanfechtung zu befürchten sei. In der Regel wird nach der Aussendung des Live-Streams in Echtzeit danach noch eine zusätzlich Video-Konserve (zum langfristigen Abruf des Films für Später-Seher) in das Ausgabemedium gestellt. Einzelbewerber im OB-Wahlkampf äußerten den Verdacht, die Kandidatenvorstellung sei deswegen nicht als Live-Stream gesendet worden, weil den Zuschauern dann keine „selektive Auswahl“ ermöglicht worden wäre. Der Sinn einer laufenden Live-Veranstaltung oder reinen, physischen Podiumsdiskussion liegt ja gerade darin, dass sie bunt gemischte Kandidaten-Beiträge bringt und eine selektive Auswahl (durch Überspringen) nicht möglich ist. Der Zuhörer kann nur bleiben und sich alle Beiträge anhören oder gehen. Bei einer Video-Konserve können die Beiträge selektiv ausgewählt werden. Es besteht der Verdacht, dass die Stadt Stuttgart dies ausdrücklich fördern wollte. Denn nach der Wahl erschien auf der Homepage der Stadt Stuttgart nicht nur ein Gesamtmitschnitt der Kandidatenvorstellungen mit allen Kandidaten, sondern auch eine selektive Auswahl mit jeder Einzelrede. Bezeichnend war, dass beim Einzelschnitt der Vorstellungsrede des Kandidaten Marco Völker genau das geschah, was die Stadt angeblich unbedingt vermeiden wollte, eine Störung der Übertragung. Die Stadt publizierte die Völker-Vorstellung mit einem Schnittfehler, der Schluss seiner Rede war abgeschnitten. Inzwischen wurde der Fehler berichtigt und seine vollständige Rede eingestellt.
Die Kandidaten-Auswahl-Experimente der Landeszentrale für Politische Bildung: Kandidat-O-Mat oder Manipul-O-Mat?
Manches Experiment kann so verfehlt sein, dass es zu wichtigen Entdeckungen und komischen Erkenntnissen führt. Bei dem Kandidat-O-Mat der Landeszentrale für politische Bildung scheint nicht alles Gold zu sein, was für viel Geld „politikbildend“ glänzen sollte. Die vom Land Baden-Württemberg mit jährlich einigen Millionen Euros finanzierte Landeszentrale für politische Bildung zeigt seit Jahren nicht nur eine bedenkliche Nähe zu den Meinungsmachern und Medien, sondern sie lässt sich auch mit ihnen ein und macht mit Ihnen gemeinsame Medien-Sache. Der von der LpB initiierte “Kandidat-O-Mat“ nährt zwar den Glauben an die Richtigkeit des Experiments, doch bei vielen endete er in komischen Erfahrungen. Besonders gut durchleuchtet muss Stuttgarts Bordell-Unternehmer John Heer worden sein. Sein Angebot als Oberbürgermeister-Kandidat erstaunte machen Kandidat-O-Mat-Gläubigen, als der Computer ihnen den Klartexter Heer als beste Wahl vorschlug.
Das Kandidat-O-Mat-Experiment hat der LpB zwar eine große Aufmerksamkeit und Show gebracht, doch es sagt auch diese Wahrheit: Die Irrtümer ihres Kandidat-O-Mats stecken in den Interpretationen. Ihre Achterbahn dokumentiert die Landeszentrale in ihrer Pressemitteilung vom 21.10.2020.
Neutrale Kandidaten-Vorstellung zur Oberbürgermeister-Wahl:
Kein Kanzler-Duell, sondern eine reine Persönlichkeitswahl.
In den letzten Jahren bewerben sich immer mehr parteilose junge Männer und Frauen um das Amt des Bürgermeisters oder Oberbürgermeisters. Früher war es undenkbar, dass die Bewerber im Wahlkampf die Chance erhielten, sich den Wählern im Fernsehen zu zeigen. Die großen "Fernseh-Duelle" waren nur den Spitzenkandidaten im Bundestag vorbehalten. Legendär dazu ist dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen FDP-Westerwelle im Kampf um das Bundeskanzleramt zum Kanzlerduell.
Bundesverfassungsgericht - Beschluss vvom 30.8.2002 - 2 BvR 1332/02, NJW 2002, 2939 – "Kanzlerduell".
Später wurde von den Verwaltungsgerichten und dem VGH Baden-Württemberg dazu der Grundsatz der "abgestuften Leistungsgewährung" für Parteien erfunden. Durch den elektronischen Wandel bei den Medien, gab es auch einen Wandel bei den Bürgermeisterwahlen. Während die Kandidaten früher allein auf Haustürwahlkämpfe, Prospekte und auf die öffentlichen Kandidaten-Vorstellungen durch die Wahlgemeinden angewiesen waren, veranstalten nun, besonders in den Großstädten, auch die regionalen und kleineren Medien, Zeitungen und Sender sogenannten "Podiums-Diskussionen". Dabei setzten sich die örtlichen Journalisten gerne „in Szene“ und versuchen, die großen "Kanzler-Duelle" in der Provinz, als regionale Spielleiter, „nachzuspielen“. Insbesondere die Zeitungen versuchen, an der großen öffentlichen Wirkung dieser Wahlen zu "schmarotzen“ und für sich dabei Imagegewinne zu generieren und neue Leser zu gewinnen. Bei ihren „Wahlsendungen“ stellen sie oft Werbeplakate für ihre Zeitung auf und inszenieren ihr Medium. Dazu erfinden sie allerlei neue „Formate“ holen sich andere Institutionen mit ins Boot (zum Beispiel die Landeszentrale für politische Bildung, die Volkshochschule oder den SWR) und "machen" mit ihren Sendungen Bürgermeister. Kein Kandidat kann diese Medien-Wirkung im Alleingang schaffen. Wenn er von den Medien nicht, wie die anderen Kandidaten, „mitgenommen“ wird, dezimiert diese Ungleichbehandlung seine Wahlchancen extrem.
Bei der OB-Wahl in Freiburg ging die Salomon-Protektion baden.
Bei der letzten OB Wahl in Freiburg wurde der parteilose Unternehmer Anton Behringer zu einer Podiumsdiskussion der Landeszentrale für politische Bildung mit der Badischen Zeitung nicht eingeladen und der alte (später abgewählte OB Dieter Salomon) wurde offensichtlich präferiert. Als diese Ungleichbehandlung (und die Verwicklung mit der Landeszentrale für politische Bildung BW) kritisiert wurde, ist die Veranstaltung kurzfristig abgesagt worden. Der parteilose Kandidat Martin Horn wurde überraschend Oberbürgermeister. Zuviel war zu viel: Freiburgs politischer Clique hatte sich mächtig ins Zeug gelegt, um eine Wiederwahl ihres Favoriten zu erreichen.
http://www.regionalia.de/freiburg/salomons-freiburg-connection-schoss-sich-ins-knie-martin-w-w-horn-wird-neuer-oberbuergermeister-von-freiburg_A13516
Nopper-Duell mit Geld, Moneten und Protegés?
Ohne jeden Zweifel ist Dr. Frank Nopper im Stuttgarter Oberbürgermeister-Wahlkampf (mit seiner Ausbildung und seinen Erfahrungen als langjähriger Oberbürgermeister von Backnang) der Kandidat mit der höchsten OB-Qualifikation. Er kann zwar Steinbrücks ehemaligem Reden-Schreiber, dem Rhetorik-Genie Marian Schreier, im Sprechen und im Schreien nicht das Wasser reichen, doch kein anderer Kandidat hat so viel Geld für den Wahlkampf wie Frank Nopper. In der Über-Präsenz mit dem üppig gefüllten „Werbegeldsack“ könnte sein „Spendengeldsack“ zum Problem für Frank Nopper werden. Die grüne Kandidatin Veronika Kienzle beeindruckt mit leiseren Tönen, doch die gute Frau wurde bereits von der Bild-Zeitung wegen ihrer Ausbildung als „ Schummel-Lieschen“ beschmutzt. Der ebenfalls OB-geeignete SPD-Kandidat Martin Körner ist ein glaubhafter Kämpfer für die nicht überragend „betuchten“ Bürgerinnen und Bürger von Stuttgart, doch er hat einen gefälligen Konkurrenten aus seinem Parteilager. Marian Schreier sagte über sich „Der Junge kann das“ und beeindruckt seine Zuhörer mit seinem überragenden Rede-Talent. Ghostwriter reden in der Politik zwar oft mit, aber leider oft auch „drumherum“. Schreiers geschliffene Vorstellungsrede in der Martin Schlayer-Halle hört sich an wie ein Wunsch-Katalog vom Otto-Versand. Doch stellte sich für viele Zuhörer diese Frage: Reden ist Silber, viel reden ist Blech? Schon der große römische Reden-Schreiber und Staatsmann Marcus Tullius Cicero gab den Politikern diesen Rat: „Den Leuten nach dem Munde reden“.
Es darf vermutet werden, dass Marian Schreier sein großes Rhetorik-Werk „De oratore“ gelesen hat. Mit seiner Redekunst könnte Schreier in Stuttgart „Everybody's Darling“ werden und ein überraschendes Wahlergebnis einfahren. Bei so viel Geld und politischer Redekunst im Stuttgarter OB-Wahlkampf brachte es ein Schwabe süffisant auf diesen Aphorismus „Bei so viel Heuchelei wähle ich den Bordell-König John Heer, der redet nicht um den Brei herum, kommt direkt zur Sache und bringt es sofort auf den heißen Punkt“.
https://www.bild.de/bild-plus/regional/stuttgart/stuttgart-aktuell/verwirrung-um-studium-von-veronika-kienzle-73543944,view=conversionToLogin.bild.html
Meinungs-Manipulation mit Meinungs-Befragung?
Die Medien-Auswahl der Kandidaten erscheint oft ziemlich willkürlich. In Stuttgart wurde eine extrem fragwürdige, nicht repräsentative Meinungsbefragung (bei nur 509 von 450.000 Wählern) benutzt, um die "BIG 5" zu den aussichtsreichen Kandidaten zu erklären. Das geplante Medien-Echo produzierte die fortan bevorzugten Kandidaten. Die Befragung war manipulativ, weil explizit nur zum Urteil zu diesen namentlich genannten 5 Kandidaten gefragt und die Namen der weiteren 8 Kandidaten unterschlagen wurden. So werden „selbsterfüllende Prophezeiungen“ von Journalisten wahr. Die angeblich repräsentative Umfrage durch das Berliner Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap im Auftrag des Südwestrundfunks (SWR) und der Stuttgarter Zeitung (StZ) kann mit seinen manipulativen Fragen und seinen Schlussfolgerungen nicht als repräsentativ angesehen werden. Vielmehr sollen damit durch Irrtums-Erregung Wähler mit dem Ergebnis von Meinungsumfragen beeinflusst werden. Infratest ist mit bestimmten Interessengruppen eng verbunden und hatte dafür im Zeitraum vom 8. bis 13. Oktober nur 509 wahlberechtigte Stuttgarterinnen und Stuttgarter telefonisch befragt. Die manipulative Frage, mit der die Wähler beeinflusst und eingeschränkt wurden lautete:
„Am 8. November wird in Stuttgart ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Ich nenne Ihnen nun einige Kandidatinnen und Kandidaten. Bitte geben Sie jeweils an, ob er bzw. sie ein guter Oberbürgermeister oder eine gute Oberbürgermeisterin für Stuttgart wäre oder nicht. Wenn Sie jemanden nicht kennen oder nicht beurteilen können, geben Sie das bitte an. Wie ist das mit ... ? Frank Nopper, Veronika Kienzle, Martin Körner, Hannes Rockenbauch, Marian Schreier, Malte Kaufmann.“
Die übrigen Kandidaten wurden erst gar nicht namentlich genannt und angeboten. Eine Befragung, die nur nach den „Big 5“ Bewerberinnen und Bewerbern fragt, kann nicht objektiv sein. Nur wenn den Befragten eine Auswahl unter allen 14 Bewerberinnen und Bewerbern gelassen worden wäre, könnte man von einer fairen Befragung sprechen.
Solche vermeintlich manipulierten Befragungen und Veröffentlichungen mögen bestimmten Journalisten dienen, die die öffentliche Meinung in ihrem Sinne beeinflussen wollen. Wenn sie zu „selbsterfüllende Prophezeiungen“ werden, stehen sie im Verdacht der fragwürdigen Wählertäuschung und der Beeinflussung mittels Meinungsumfragen.
Reform der Gleichbehandlung bei Bürgermeisterwahlen erforderlich.
In Corona-Zeiten verbietet sich, zumal bei 450.000 Wählern, der Haustür-Wahlkampf und die persönliche Präsentation. Die elektronisch übertragenen Sendungen der Medien sind wahlentscheidend und machen den Bürgermeister oder Oberbürgermeister. Eine Fortentwicklung der Rechtsprechung und eine "Nachjustierung" des Gleichheitsgrundsatzes bei Bürgermeister,- und Oberbürgermeisterwahlen ist überfällig.
Das Bundesverfassungsgericht hat einige interessante Urteile zur Behandlung von Parteien hinsichtlich der ihnen zu gewährenden Werbezeit im Fernsehen und Rundfunk und zur Teilnahme an redaktionellen Informationssendungen gefällt. Diese betreffen aber politische Parteien und ihre Rechte nach § 5 des Parteigesetzes. In der Folge haben einige Verwaltungsgerichte diese Rechtsprechung auf reine Persönlichkeitswahlen übertragen. Die bisherigen Urteile haben den Grundsatz der "abgestuften Leistungsgewährung" willkürlich auch für Bürgermeisterwahlen übernommen. Dabei handelt es sich um einen fundamentalen Denkfehler. Denn das Parteigesetz gilt nicht für Persönlichkeitswahlen.
Parteiwahlen nach dem Parteigesetz sind Wahlen zum Bundestag, zu den Landtagen, zu den Kreistagen und zu den Gemeindeparlamenten. Der Bürgermeister ist zur Neutralität gegenüber allen Bürgern verpflichtet. Er reicht seine persönliche Bewerbung als Privatperson ein, nicht als Partei-Funktionär. Der Gesetzgeber hat das Bürgermeisteramt nicht als Parteiamt vorgesehen, sondern als bürgernahes, parteifreies Amt. Wenn die Parteien inzwischen versuchen, diese Ämter im großen Stil parteipolitisch zu besetzen, darf dies nicht die Bevorzugung des Parteiprivilegs finden.
Verwaltungsgericht Stuttgart: Für Bevorzugung von Partei-Bewerbern?
Auch in der Ablehnung des Eilantrags eines Stuttgarter Kandidaten gegen die Architektenkammer hat das Verwaltungsgericht Stuttgart in seiner Entscheidung vom 14.10.2020 (Az. 7 K 5026/20), durch die Einzelrichterin der 7. Kammer, diesen Denkfehler übernommen, das Urteil des VGH vom 20.9.2017 zugrunde gelegt und geschrieben, die Grundsätze der abgestuften Leistungsgewährung „dürften“ auch auf eine Oberbürgermeisterwahl zu übertragen sein. Mit dieser Entscheidung sollte man bis zum Bundesverfassungsgericht gehen, um die Rechtslage zu klären. Denn die Urteile basieren auf einem für eine OB-Wahl nicht anwendbaren Gesetz. Das Parteien-Gesetz und Art. 5 dieses Gesetzes sind auf Bürgermeisterwahlen nicht anwendbar.
Partei-Gesetz gilt nicht für Persönlichkeitswahlen zum Bürgermeister/Oberbürgermeister.
Das Parteien-Gesetz sieht ein Privileg für Parteien vor und schreibt eine Gleichbehandlung der Parteien und ihrer Partei-Kandidaten vor. Auf dieses Recht berufen sich alle positiven Urteile zu Partei- Kandidaten, wenn es um Wahlen zu Parlamenten ging (Bundestag, Landtag, Kreisrat, Gemeinderat). Die Urteile zu den Parteien betrafen jedoch überwiegend Wahlen zu diesen Parlamenten. Es ging um die Gleichbehandlung der Parteien, um Sendezeiten für ihre Werbesendungen, um Fernsehauftritte ihrer Funktionäre und Parlamentarier und um die sogenannte Rundfunkfreiheit.
Das Partei-Privileg begünstigt Partei-Kandidaten. Sie reichen für Wahlen zum Bundestag, zum Landtag, zum Kreistag oder zum Gemeinderat sogenannte Partei-Wahl-Listen ein und machen ihrer Kandidaten damit zu Partei-Kandidaten. Diese können sodann, für diese Wahlen, das Partei-Privileg aus § 5 des Gesetzes über die politischen Parteien in Anspruch nehmen.
Wenn Bewerber nach ihrer Bewerbung für eine Persönlichkeitswahl von politischen Parteien, Institutionen oder Kirchen unterstützt werden, sollte ihnen das keine bessere Rechtsposition gewähren als den nicht von politischen Parteien unterstützten Kandidaten, den parteilosen oder parteifreien Kandidaten. Die Gesinnungen dieser Personen, die sich um das neutrale öffentliche Amt des Bürgermeisters oder Oberbürgermeisters parteilos/parteifrei zu bewerben, sind „politische Anschauungen“, die durch Art. 3 des Grundgesetzes geschützt sind. Schon jetzt sind die parteilosen Kandidaten schwerwiegend benachteiligt, weil die Parteien die Kandidatur „ihrer“ Kandidaten finanziell unterstützen und von sich abhängig machen. Dies geschieht dadurch, dass steuerlich abzugsfähige Spenden an die Parteien, zur Unterstützung ihrer Kandidaten im Bürgermeisterwahlkampf, zum Teil „durchgereicht“ werden. Kaufen sich also die Parteien zukünftige Bürgermeister durch ihre finanziellen Zuwendungen zu ihrem Wahlkampf? Und ist das nicht ein Missbrauch der Parteienfinanzierung und der steuerlichen Vorteile, welche die Spender ziehen, wenn der Vorteil als mittelbarer Schenkung einer Privatperson zukommt?
Die Ungleichbehandlung liegt darin, dass ein parteiloser Kandidat, der sich um das Amt des Bürgermeisters bewirbt, seine Kosten weder steuerlich absetzen noch durchreichen kann. Er ist offensichtlich schwerwiegend benachteiligt. In Stuttgart kann der OB-Wahlkampf für sehr aktive Bewerber leicht 500.000 Euro kosten. Welcher parteilose Kandidat kann sich einen solchen Wahlkampf mit dem Geldsack leisten? Im Zuge dieser steuerlichen Ungleichbehandlungen und ihrer Parteispenden haben die Parteien die Rathäuser Deutschlands erobert, obwohl der Gesetzgeber das Bürgermeisteramt als neutrales Amt vorgesehen hat.
Würde man im Wahlprozess die Partei-Kandidaten gegenüber den Einzel-Kandidaten bevorzugen, würde man die Einzelbewerber (im Umkehrschluss) ihrem, im Grundgesetz garantierten, Anspruch auf Chancengleichheit und Gleichbehandlung berauben und sie diskriminieren. Bei den Wahlen zu den Parlamenten mag die Privilegierung der Parteien vom Gesetzgeber zwar gewollt sein, bei der Persönlichkeitswahl ist dies jedoch "Ad absurdum".
Bei der Bürgermeisterwahl bedarf es einer ergänzenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass alle Kandidaten gleichberechtigte "Privat-Parteien" sind, die gleich zu behandeln sind, weil es eine Persönlichkeitswahl ist. Wenn man das Parteien-Privileg hier nur den Partei-Kandidaten gewährt, ist die Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und der Chancengleichheit offensichtlich. Die parteilosen Kandidaten sind dann wegen ihrer parteilosen "politischen Gesinnung" diskriminiert.